....unser Abschlussbericht
zum Einsatz!


Tragischer Hubschrauberabsturz bei Schleiz
für vier Menschen gab es leider keine Rettung mehr
 
 

23.05.2010 Alarm 16:39 Uhr

 

Für die meisten Einsatzkräfte von DRK, Polizei und Feuerwehr war es wohl das Schlimmste was sie bisher gesehen haben. Der Pfingstsonntag wird für viele Angehörige ein schwarzer Tag schrecklicher Erinnerungen sein. Für die Einwohner des kleinen verträumten Ortes Mönchgrün (bei Schleiz) wird es ein unfassbares Unglück -genau vor der Haustür- bleiben.

Es sollte sich eigentlich niemand nur im Traum ausmalen was noch mehr hätte passieren können, ca. 500 Meter weit vom Ortsrand entfernt und ca. 800 Meter neben der viel befahrenen Bundesautobahn 9, denn die Tragik mit gleich vier getöteten Menschen durch diesem Hubschrauberabsturz sind schon Leid genug.
Wir, die Einsatzkräfte der Schleizer Feuerwehr möchten den Angehörigen unser Mitgefühl ausdrücken.

Was wieder bleibt ist ein Warum? Wie konnte ein so unfassbares Unglück passieren?

Trotz intensiven Ausbildungen kann man sich nicht auf jedes Ereignis vorbereiten, schon gar nicht auf jene, die immer nur weit weg passieren zu scheinen. Ausbildungen sind nur Standartleitsätze, die Praxis ist immer etwas anders. Und doch spielten vor allem Erfahrung und ein hoher Ausbildungsstand eine wichtige Rolle im Umgang mit einem solchen außergewöhnlichen Unglück.

Bei einem Einsatz dieser Art muss man wesentlich weiter vorausschauen wie sonst üblich, so unsere Erfahrung auswertend aus dieser Tragödie. Fast unbewusst richtig entschieden hat hierbei die Einsatzleitung, alle Ortswehren des Umfeldes wieder nach Hause zu schicken und selbst die Einsatzkräfte der Stützpunktfeuerwehr auf ein Minimum (12 Kameraden) zu reduzieren. Somit waren nur wenige direkt mit dem Anblick des Dramas verbunden, immerhin waren ca. 80 Einsatzkräfte alarmiert. Diese während und nach einer solchen Tragödie physisch zu betreuen wäre nicht möglich gewesen, zumal die Besatzung des Hubschraubers aus einigen der alarmierten Orte stammte. Trotz allem stellte sich im Nachgang heraus, dass einige Kameraden aus den kleineren Orten Probleme mit dem Ereignis hatten. Wie weit sie am Unfallort waren ist für die Einsatzleitung nicht mehr nachvollziehbar.

Wie sich auch herausstellte, waren die verbliebenen 12 Einsatzkräfte vor Ort auch völlig ausreichend, die notwendigen Arbeiten durchzuführen. Sie gehörten zu einem Kreis erfahrener Kameraden, die durch das Unfallgeschehen vor allem der nahegelegenen Bundesautobahn 9 schon mehrfach ähnliche Bilder (wenn auch nicht in dieser Anzahl) von bis zur Unkenntlichkeit entstellten Leichen gesehen haben.

Zum Einsatz (H3) wurden um 16:39 Uhr neben der Stützpunktfeuerwehr Schleiz die Feuerwehren Görkwitz (örtlich zuständig), Oettersdorf, Neundorf, Pörmitz und Volkmannsdorf alarmiert.

Der Absturzort befand sich ca. 500 Meter weit vom Ortsrand entfernt auf einem Feld, unmittelbar am Rand des angrenzenden Waldes und ca. 150 Meter weit von einer Hochspannungsleitung entfernt. Der Hubschrauber, vom Typ Fairchild-Hiller FH 1100  wurde schnell gefunden war gut zugängig.

Nach erster Lagererkundung durch den Schleizer Stadtbrandmeister (Ankunft um 16:50 Uhr) übernahm Dieser in Absprache mit dem zuständigen Wehrführer um 16:58 Uhr die Einsatzleitung.

Die zu Unkenntlichkeit entstellten Leichen zeigten hierbei deutlich auf, eine Rettung war nicht mehr möglich. Sie waren aus dem Hubschrauber teilweise herausgeschleudert worden. Eine Person lag direkt unter dem völlig zerstörten Wrack.

Der Hubschrauber hatte keine Anzeichen für eine drohende Brandentwicklung und keine Flüssigkeiten liefen aus.

Somit entschied der Einsatzleiter um 17:00 Uhr alle weiter anrückenden Kräfte schon während der Anfahrt und die bereits vor Ort befindliche Feuerwehr Görkwitz sowie das LF 16-TS Schleiz/ Oschitz zu ihren Standorten zurückzuschicken. Der Notarzt und der Rettungsdienst wurde in Absprache mit der Polizeiführung um 18:01 Uhr aus dem Einsatz ausgelöst.

Die Feuerwehr Schleiz übernahm mit dem TLF 16/25 umgehend nach Eintreffen die Sicherstellung der Brandsicherheit (Schaum und Pulver). In Zusammenarbeit mit der Polizei übernahmen die Kräfte des LF 8/6 Schleiz die Schaffung eines inneren Absperrkreises um dem Hubschrauber, in jenem sich nur noch einzelne Einsatzkräfte aufhalten durften. Ziel war, den später anreisenden Kräften der Fluguntersuchung und den Kriminalbeamten so wenig wie möglich Spuren zu vernichten.

Ein großflächiger Absperrkreis machte sich im Weiteren notwendig, da dieses Unglück wie ein Lauffeuer die Runde in allen Orten rings um machte, sicher auch bedingt durch die nach Hause kommenden Einsatzkräfte der jeweiligen Orte.   

Inzwischen waren dutzend Medienvertreter angereist.

Polizei, Sachverständige und Bundesangestellte für Fluguntersuchung arbeiteten fieberhaft an der Ursachenforschung. Zeitweise waren rund 80 Polizeibeamte am und um den Einsatzort beschäftigt, unterstützt von den Einsatzkräften der Schleizer Feuerwehr.
Neben den bereits erwähnten Sicherungsarbeiten, der großflächigen Ausleuchtung der Einsatzstelle, der Versorgung aller am Einsatz beteiligten Kräfte war die Aufgabe der Feuerwehr, technische Hilfe im Bezug der Ursachenforschung aber auch der Bergung zu leisten. In einer perfekten Zusammenarbeit mit Sachverständigen, Kriminalisten, Beamten der Flugunfalluntersuchung und den Beamten der Polizei aus Schleiz und Erfurt zeichneten ein hohes Niveau an Ausbildung und Erfahrung aller Beteiligten aus.

In Absprache mit den Ermittlern wurden durch die Kameraden der Feuerwehr eine Kraftstoffleitung und eine Einspritzdüse aus der Brennkammer ausgebaut, was zu ersten Erkenntnissen zur Unfallursache führte.

Mittels Seilwinde und Umlenkung (mit Rolle) an einem Baum des nah gelegenen Waldes wurde später zu Bergung der Person unter dem Hubschrauber Dieser um 90 Grad gedreht und wieder auf die Kuven gestellt. Zuvor wurden in Absprache mit den Ermittlern ein Rotorflügel und später der Rotor selbst mittels Motortrennschleifer durch die Kameraden der Feuerwehr durchtrennt, da die weit auslaufenden Flügel beim Aufrichten zu sehr ins Schwingen gekommen wären.

Ein Einsatz der Hebekissen wurde später notwendig, um den Hubschrauber wieder in Längsrichtung in Waage zu bringen. Die Experten der Untersuchungskommission beabsichtigten, den Inhalt des Tanks (als Blase ausgeführt) zu ermitteln. Hierbei durchtrennten die Kameraden mehrere Kabel. Dann verschafften sie einen Zugang zur Tankblase indem sie mittels Blechschere die Außenhaut und eine Innenwandung zerschnitten. Über ein gezieltes Loch wurde dann an der tiefsten Stelle die Blase geöffnet und der verbliebene Kraftstoff in einer Schuttmulde aufgefangen.

Einen Wunsch der Ermittler konnten die Kameraden der Feuerwehr vor Ort nicht erfüllen. Der Ausbau des Kraftstofffilters war mit dem vorhandenen Werkzeug nicht möglich. Die in Zollmaßen verbauten Verschraubungen ließen sich mit dem vor Ort vorhandenen Werkzeug nicht öffnen.

Die 4 getöteten Personen wurden nach eingehender Untersuchung durch Kriminalbeamte und nach der Bestätigung (Todesschein) durch der später hinzugezogenen Ärztin, Dr. Leonhard aus Schleiz, durch zwei Bestattungsunternehmen aus der Umgebung zur Gerichtsmedizin nach Jena gebracht, wo sie bereits am Dienstag obduziert wurden.

Insgesamt vier Notfallseelsorger waren vor allem mit den Angehörigen aus naher Umgebung beschäftigt. Die Besatzungsmitglieder des Hubschraubers waren gute Bekannte aus der Gegend. Eine Familie traf es besonders hart, da Vater, Sohn und Schwager verunglückten.

Das Team der Seelsorger traf dann spät in der Nacht auch am Unfallort ein, um eventuell auch den Einsatzkräften beizustehen.

Im Gerätehaus waren dankenderweise zwei Frauen unserer Einsatzkräfte mit der Aufbereitung von Speisen und Getränken beschäftigt.

Ca. 100 Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Untersuchungskommission wurden somit mit Tee, Kaffee und Bockwürsten versorgt.
Was bleibt ist für alle eine Aufarbeitung des Erlebten, Trauer in mehreren Familien aus der nahen Umgebung und ein Schock, der seine Zeit brauchen wird.
Die Schleizer Einsatzleitung entschied sich daher nach dem Einrücken ins Gerätehaus zunächst vor Herstellung der Einsatzbereitschaft, die Kameraden zu einem Gespräch bei einer Tasse Kaffee. Ziel war, das Befinden der einzelnen Kräfte äußerlich festzustellen. Ca. 2 Stunden brauchten dann die Einsatzkräfte, um die durch das frisch bestellte Feld stark verschmutzte Technik wieder zu reinigen.

Ein gemeinsames Frühstück sollte abschließend noch einmal alle Kameraden zusammenführen, um sie in erster Aufarbeitung des Geschehenen zu betreuen. Da am Pfingstmontag keinerlei andere Möglichkeit bestand, wurde das gemeinsame Frühstück bei McDonalds eingenommen, etwas außergewöhnlich für die Schleizer Feuerwehr.

 

Auswertung

Für die Einsatzführung der Schleizer Feuerwehr ergeben sich aus diesem Unglück folgende Erkenntnisse:

 

Die Alarmierung von umliegenden Feuerwehren zu Hilfeleistungseinsätzen mit verletzten Personen macht nur Sinn, wenn sie technisch und in der Ausbildung wirklich in der Lage sind mit Einsätzen dieser Art umgehen zu können. Die Hilfeleistungsstufen 2 und 3 sind immer größere Ereignisse, die vor allem Technik aus Stützpunktfeuerwehren bedingen. In dem Bereich dieser Verwaltungsgemeinschaft sind die Stufen H2 und H3 in der Ausrückerordnung identisch. Mehr wie eine Stützpunktfeuerwehr würde selbst bei einem Hauseinsturz oder gar Flugzeugabsturz laut Plan dort nicht alarmiert werden.

Die Reduzierung von Einsatzkräften auf ein Minimum war höchstbedeutend, da selbst bei den wenig verbleibenden Kräften von Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr im Nachgang ein größerer Betreuungsbedarf zu verzeichnen war.

Selbstkritisch bleibt aber auch festzustellen, dass man die bereits wieder nach Hause geschickten Einsatzkräfte nicht außer Acht lassen sollte. Die Eigenverantwortung der zuständigen Wehrführer zur Betreuung sollte jedoch mehr geschult werden, da für die örtliche Einsatzleitung die komplette Überwachung von bis 80 alarmierten und nicht eingesetzten Kräften nicht möglich war.

Außerdem sollte auch jeder Kamerad einmal in sich gehen und für sich selbst feststellen, ob es unbedingt immer notwendig ist, ein dramatische Bild eines Unglückes sehen zu müssen, da trotz Befehl zum Abzug einige Einsatzkräfte bis zum inneren Absperrkreis vorgegangen sind.

Als besonders positiv ist zu bewerten, das dieser Einsatz durch die Beamten der Kriminalpolizei, dem Landratsamt Saale- Orla und dem Einsatzleiter am 03.06.2010 detailliert ausgewertet wurde.

 

Die Einsatzführung der Schleizer Feuerwehr dankt den doch in geringer Anzahl eingesetzten Einsatzkräften der Feuerwehr Schleiz, die an einer harten psychischen Belastungsgrenze gearbeitet haben und mit Perfektion die nie geübte Arbeit verrichteten. Mit Respekt schaut sie trotz Dramatik des Geschehens zurück und hofft, dass so etwas nie wieder passieren wird.

Ein weiterer Dank gilt allen weiteren Kräften von Polizei, den Beamten der Flugunfalluntersuchung, den Luftfahrtsachverständigen, dem DRK, Notarzt, Notfallseelsorgern und nicht zuletzt den Mitarbeitern des Abschleppdienstes, die den Hubschrauber abtransportierten.
Der Einsatz war für die Schleizer Feuerwehr einschließlich der Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft um 08:00 Uhr beendet.

 

Einsatzfahrzeuge/ Kräfte

FFW Schleiz:   RW1, TLF 16/25, LF 8/6, GW-G2, ELW 1, GW-Öl, LF 16-TS

FFW Görkwitz:   KLF Thüringen

FFW Oettersdorf:  KLF Thüringen, VRW

FFW Neundorf:   KLF Thüringen

FFW Pörmitz:   KLF

FFW Volkmansdorf:   TLF 16/25, MTW

DRK:  1 NEF, 2 RTW, KV-Dienst (MA. DRK und Ärztin)

Polizei :  4 Funkstreifenwagen, Einsatzzug mit ca. 10 Fahrzeugen, KPI 4 Fahrzeuge, 1 Hubschrauber

4 Notfallseelsorger

2 Beamte BFU

2 Sachverständige Luftunfalluntersuchung

2 MA Landratsamt (u.a. Stellvertreter. Landrat Saale-Orla- Kreis)